Anfang August hatten wir auf der diesjährigen AnimagiC dank des Veranstaltungsteams und KAZÉ Deutschland die Möglichkeit, ein ausführliches Interview mit dem Manga-Duo MAYBE zu führen, das man hierzulande vor allem für die Werke „Dusk Maiden of Amnesia“ und den aktuellen Titel „The Tale of the Wedding Rings“ kennt. Die beiden sympathischen Mangaka standen uns dabei Rede und Antwort zu ihrem Werdegang, ihrer Arbeit, ihrer Freizeitgestaltung und noch vielem mehr.
Wir wünschen Euch viel Spaß beim Lesen!
Anmerkung: Solange Antworten für beide Mitglieder des Teams gelten, findet ihr den Teamnamen MAYBE davor wieder. Da es bei einzelnen Antworten jedoch nötig ist, zwischen Autor und Zeichner zu unterscheiden, findet ihr in diesem Fall die Bezeichnungen MAYBE (Story) und MAYBE (Zeichnungen) vor der Antwort.
AnimeNachrichten: Herzlich willkommen auf der AnimagiC. Die Veranstaltung hat zwar heute erst begonnen, doch wie gefällt es Ihnen denn bisher?
MAYBE: Was uns vor allem aufgefallen ist, ist, dass die deutschen Fans gleich sehr viele Fragen gestellt haben und sie besonders enthusiastisch und interessiert sind. Das hat uns sehr gut gefallen.
AnimeNachrichten: Können sie kurz zusammenfassen, wie es dazu kam, dass Sie beide Mangaka geworden sind und nun immer zusammenarbeiten?
MAYBE (Zeichnungen): Bereits als ich noch ein Kind war, habe ich immer sehr gerne gezeichnet. Aber erst als ich mit etwa 18 oder 19 Jahren an der Universität studiert habe, habe ich mir überlegt, das Manga-Zeichnen als Hobby anzufangen, bevor ich das Ganze dann ein wenig professioneller angegangen bin. Ich musste mir aber ja auch Geschichten zu meinen Zeichnungen ausdenken. Da habe ich dann meinen guten Freund gefragt, ob er sich nicht mit mir zusammentun möchte, um sich um die Story zu kümmern. Tatsächlich sind wir beide bereits seit der Mittelschule auf die gleiche Schule gegangen. Allerdings sind wir dann erst auf der Oberschule zu wirklich guten Freunden geworden und sind dann später sogar auf die gleiche Universität gegangen.
MAYBE (Story): Bei mir war es im Grunde ganz ähnlich: Ich habe eigentlich schon immer sehr gerne Geschichten erfunden und diese auch niedergeschrieben. Daher musste ich eigentlich gar nicht lange überlegen, als ich gefragt wurde, ob ich nicht die Storys zu den Mangas beisteuern möchte. Als es dann jedoch darum ging, ob wir das Ganze professionell betreiben möchten, war das doch schon eine größere Entscheidung für mich. Wie man sieht, hat es aber ja geklappt.
AnimeNachrichten: Wie muss man sich die Arbeit als Mangaka-Team vorstellen? Sind Sie beide dabei ständig zusammen oder reichen gelegentliche Abstimmungen?
MAYBE (Story): Grundsätzlich ist es so, dass wir uns die Idee für einen Manga gemeinsam ausdenken. In dieser Phase arbeiten wir dann auch die ganze Zeit zusammen daran. Sobald die Idee dann steht, ist es mein Part, das Szenario, die ganze Handlung, die Dialoge und die Settings zu erdenken und die Persönlichkeiten der Charaktere zu kreieren. Das gebe ich dann alles an MAYBE (Zeichungen) weiter, der daraus ein Storyboard entwirft. Natürlich schaue ich mir das dann auch noch einmal an, aber meistens ist das Ganze schon von vorneherein perfekt und man muss nichts daran ändern. Hin und wieder nehmen wir aber doch noch kleine Anpassungen vor, bevor es dann an die Reinzeichnungen geht, die dann wieder MAYBE (Zeichnungen) übernimmt. Ganz am Schluss – sobald die Reinzeichnungen komplett fertig gestellt sind – schauen wir beide noch einmal gemeinsam über die Seiten und schicken sie dann an den Verlag.
AnimeNachrichten: Welche Reihen aus dem Manga- und Animebereich sind momentan ihre persönlichen Favoriten?
MAYBE: Megalo Box mögen wir sehr gerne, aber unser absoluter Lieblingsanime, den wir uns auch immer wieder gerne anschauen, ist ein echter Klassiker: The Big O*.
AnimeNachrichten: Was machen Sie gerne in ihrer Freizeit, wenn Sie gerade einmal nicht an einem Manga arbeiten?
MAYBE (Story): Ich spiele sehr gerne Videospiele aller Art. Ich koche außerdem sehr gerne in meiner Freizeit und baue gerne Model-Kits auf. Ich habe auch schon gesehen, dass es hier ein GUNDAM Model-Kit gibt und war schon am überlegen… (lacht)
MAYBE (Zeichnungen): Bei mir ist es auch so, dass ich mich in meiner Freizeit am liebsten mit Videospielen beschäftige.
AnimeNachrichten: Wenn Sie mit der Arbeit an einem Manga beginnen, ist dann immer zuerst die Story fertig oder kann es auch vorkommen, dass Sie Ideen für Charakterdesigns haben, um die Sie dann eine passende Geschichte herumbauen?
MAYBE: Natürlich hört man auch oft, dass viele Mangaka zunächst einen bestimmten Charakter im Kopf haben. Bei uns ist das aber eigentlich nicht der Fall. Normalerweise haben wir bereits eine Idee für eine bestimmte Geschichte erdacht und erst im Anschluss denken wir uns die Charaktere, die zum Erzählen der Geschichte notwendig sind, und deren Persönlichkeiten aus.
AnimeNachrichten: Gibt es etwas, worauf Sie bei der Arbeit an einem neuen Manga besonderen Wert legen?
MAYBE: Es ist uns immer besonders wichtig, dass das Gesamtpaket stimmt. Dafür denken wir bereits bei der Planung darüber nach, als was für ein Werk der Manga später von den Lesern angesehen wird und wie es wohl bei ihnen ankommt. Ein Beispiel dafür ist, dass wir immer schauen, ob es uns gelingt, die Welt des Mangas in eine einzige Illustration zu verpacken und ob wir der Geschichte ganz bestimmte Keywords zuordnen können. Man könnte also sagen, dass wir uns nicht nur Gedanken über die eigentliche Story machen, sondern auch über die Leserschaft, die wir damit erreichen möchten und über das Image, das der Manga dann vermitteln soll.
AnimeNachrichten: Im kurzen Vorwort des ersten Bands von „The Tale of the Wedding Rings” spielen Sie scherzhaft auf die „Herr der Ringe“-Filmtrilogie an. Holen Sie sich für Ihre Geschichten manchmal Inspiration aus Filmen oder gibt es vielleicht noch ganz andere Inspirationsquellen für ihre Arbeit? Wir wissen ja jetzt auch, dass sie beispielsweise gerne Videospiele spielen.
MAYBE: Natürlich ziehen wir unsere Inspiration auch aus Videospielen, aber wir haben auch schon immer gerne Filme geschaut, vor allem auch westliche Produktionen und auch diese haben uns sehr inspiriert. Wir stellen aber immer wieder fest, dass sehr viele Videospiele natürlich auch von Filmen inspiriert wurden, so dass man im Grunde vielleicht sagen könnte, dass die Filme die ursprüngliche Quelle der Inspiration sind, auch wenn wir viele Ideen durch die Spiele bekommen, die wir in unserer Freizeit spielen.
AnimeNachrichten: Sie arbeiten in Ihren Geschichten oft mit dem Übernatürlichen. Bei „Dusk Maiden of Amnesia“ ist es das Geister-Setting, bei „The Tale of the Wedding Rings“ beispielsweise eine Parallelwelt oder Magie und Dämonen. Würden Sie sagen, dass das Übernatürliche so etwas wie ihre Spezialität ist?
MAYBE: Wir können damit tatsächlich recht gut arbeiten, da wir uns auch sehr dafür interessieren. Das ist vermutlich auch der Grund, warum wir uns oft solche Themen aussuchen. Wir finden diese Thematiken aber auch deshalb sehr interessant, weil sie einem im Manga sehr viele Freiräume verleihen. Natürlich kann auch eine Geschichte über die Realität extrem interessant sein, aber wir möchten die Chance der Realität zu entfliehen, die einem ein Manga bietet, dann doch nutzen. Dabei finden wir auch die Möglichkeit, die Reaktionen der Charaktere, die ja meist normale Menschen sind, auf das Übernatürliche – wenn sie beispielsweise einen Geist sehen – darzustellen, sehr reizvoll.
AnimeNachrichten: „The Tale of the Wedding Rings” ist Ihr erster echter Fantasy-Manga ohne klar abgeschlossenes Setting. Gab es etwas, das sie bei der Arbeit an der Reihe besonders herausfordernd fanden?
MAYBE (Zeichnungen): Vor allem die Hintergründe und das ganze Weltbild waren sehr herausfordernd. Zuerst hatten wir uns gedacht: Wir machen das einfach mal, das bekommen wir schon hin. Das ganze Projekt hat sich dann aber doch als deutlich schwieriger erwiesen, als vorher angenommen. Jetzt sind wir aber mittendrin und es läuft jetzt sehr gut.
MAYBE (Story): Was durch das Setting zudem recht schwierig war, war die Tatsache, dass ich mich mit Fantasy-Geschichten recht gut auskenne und sie eine Art Hobby von mir sind. Daher hatte ich natürlich von Anfang an ein recht klares Bild im Kopf, was mir zwar beim Erdenken der Story zu Gute kam, was ich MAYBE (Zeichnungen) aber natürlich nur sehr schwierig vermitteln konnte.
So kam es auch, dass wir uns die „Herr der Ringe“-Filmtrilogie angeschaut haben, um eben eine Art gemeinsames Zielbild zu erschaffen, das man mit Worten nicht wirklich herüberbringen kann. Die Filme haben dann bei der Visualisierung geholfen, da man durch sie zumindest die Möglichkeit hatte zu erklären: So ähnlich stelle ich mir diesen oder jenen Aspekt vor. In letzter Zeit funktioniert das Ganze aber fast so gut, als könnten wir telepathisch kommunizieren.
AnimeNachrichten: Wenn Sie an zukünftige Werke denken, gibt es ein Genre, mit dem Sie bisher noch wenig Berührung hatten und das Sie gerne ausprobieren würden?
MAYBE (Story): Science Fiction wäre tatsächlich noch ein Genre, an dem ich Spaß hätte. Ich schaue auch sehr gerne Science Fiction Filme in meiner Freizeit – auch westliche Produktionen.
[MAYBE (Zeichnungen), der sich im Geiste bereits mit dem Gedanken auseinandersetzt, eine Science Fiction Geschichte zeichnerisch umsetzen zu müssen, schüttelt spaßeshalber nur den Kopf.]
AnimeNachrichten: „Dusk Maiden of Amnesia“ wurde auch als Anime umgesetzt. Hatten Sie Gelegenheit an dem Projekt mitzuwirken und wie hat Ihnen die fertige Serie gefallen?
MAYBE: Wir hatten tatsächlich sehr viele Gelegenheiten an der Serie mitzuarbeiten. Wir waren beispielsweise sehr oft Teilnehmer in den Konferenzen, in denen es um die Storyboards des Anime ging. Dabei hat die Produktionsfirma aber eigentlich schon von vorneherein ziemlich genau das getroffen, was wir uns vorgestellt hatten. Daher hatten wir so gut wie keine Änderungswünsche, obwohl wir oft nach unseren Vorstellungen gefragt wurden.
Auch bei den Charakterdesigns wurden wir konsultiert, doch dabei verhielt es sich ganz ähnlich, wie bei den Storyboards: Es gab im Grunde kaum etwas, das wir daran hätten ändern wollen. Zu Beginn hatten wir allerdings dennoch ein wenig Sorgen, weil wir uns nicht ganz sicher waren, wie das Ganze im Anime wirken würde. Als wir dann aber die ersten bewegten Bilder gesehen haben und dabei auch klar wurde, wie die Charaktere mit den Hintergründen zusammenspielen, haben wir uns dann doch sehr gefreut, dass alles sehr nah an unserem Zeichenstil war und sehr gut umgesetzt wurde.
AnimeNachrichten: Gibt es vielleicht abschließend noch etwas, das Sie Ihren deutschen Fans – vor allem auch denen, die es nicht hier zur AnimagiC geschafft haben – mitteilen möchten?
MAYBE: Wir haben ja zuvor schon kurz erwähnt, dass wir uns vor Beginn eines neuen Werks auch immer die Leserschaft vorstellen, die wir damit ansprechen möchten. Dabei hatten wir aber natürlich nur die japanische Leserschaft im Kopf. Daher ist es für uns umso überraschender, dass die Geschichte auch so vielen deutschen Lesern gut gefällt. Als wir damals angefangen haben Mangas zu zeichnen, konnten wir uns im Grunde nicht einmal vorstellen, dass so viele Menschen in Japan unsere Mangas lesen würden und es war uns anfangs fast schon ein wenig peinlich. Umso unglaublicher ist es, dass wir mit unseren Werken mittlerweile sogar so viele Leser weltweit erreichen. Das ist uns auch noch einmal klar geworden, als wir die deutschen Fans vorhin bei der Signierstunde treffen konnten und wir freuen uns sehr darüber!
Wir würden uns natürlich außerdem sehr freuen, wenn die deutschen Leser weiterhin gerne unsere Mangas lesen – auch all jene, die vielleicht nicht hier zur AnimagiC kommen konnten.
AnimeNachrichten: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben!
*Bei The Big O handelt es sich um eine japanische Animeserie aus dem Jahr 1999, die von Hitoshi Ariga auch als Manga umgesetzt wurde. Der Anime schaffte es leider bisher nicht zu uns nach Deutschland, die ersten 14 Kapitel des Mangas wurden jedoch in deutscher Sprache im Magazin „Manga Power“ veröffentlicht.
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