Your Name
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Der Hype um Makoto Shinkai’s Your Name – Gestern, Heute und Für Immer möchte nicht abreißen. Die romantische postlineare Tragikomödie avancierte in Japan zum zweiterfolgreichsten einheimischen Film aller Zeiten, direkt nach Hayao Miyazakis Meisterwerk Chichiros Reise ins Zauberland. Durch die erfolgreiche internationale Auswertung, hier sei primär der chinesische Markt als Einflussträger genannt, entwickelte sich der Anime zu einem regelrechten Exportschlager und hat sich in diesem Zuge gar zum kommerziell erfolgreichsten Anime aller Zeiten gemausert. Auch hierzulande erfreut sich Your Name einer für Anime-Verhältnisse außerordentlich breiten Rezeption in den Feuilletons der überregionalen Tagespresse: Die FAZ hat ebenso darüber berichtet, wie etwa der Spiegel oder gar die Tagesschau. In Deutschland kommt Your Name mit 130 Kopien an lediglich zwei Tagen (letzten Donnerstag, dem 11.01. und am heutigen Sonntag, dem 14.1.) in die bundesdeutschen Lichtspielhäuser. Grund genug, einen intensiven Blick auf das Machwerk von Tausendsassa Shinkai zu werfen.

Update: Nach dem Erfolg am 1. Event-Tag zieht Verleiher Universum die Konsequenzen und kündigt bundesweit weitere Vorstellungen an.

ZWEI LEBEN.

Zwei Leben. Itimori, ein malerisches Bergdorf in der tiefsten Provinz Japans. Hier lebt die junge Mitsuha Miyazami gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester und ihrer Großmutter ein behäbiges Leben. Zudem ist sie die Tochter des örtlichen Bürgermeisters, zu dem sie ein eher schwieriges Verhältnis hat. Ein Leben fernab der Zivilisation: Die Bahnen fahren hier nur zweistündlich, es gibt keine hippen Cafés und selbst der Weg zum nächstgelegenen Zahnarzt gleicht einer regelrechten Odyssee. Aber: Es ist auch ein magischer Ort, an dem das alte Japan weiter aufrechterhalten und geduldig dem Nihilismus postmoderner Zeiten getrotzt wird. Zeremonien, Rituale und Dorffeste („Matsuri“), um die Geister zu beschwichtigen, gehören hier nach wie vor zum lebendigen Alltag. Als Nachkomme der Miyamizu-Familie, die den lokalen Shinto-Schrein betreut, ist Mitsuha für verschiedene dieser Rituale zuständig. Doch irgendwann platzt sie: Angeödet von diesem zwar sehr idyllischen, aber nichtsdestotrotz beengenden und langweiligen Leben wünscht sie sich in den Körper eines gutaussehenden Jungen in der Metropole Tokyo. Doch wir wissen, man muss vorsichtig mit seinen Wünschen sein.

Der Trubel der pulsierenden Großstadt. Rastlos und bunt. Der gleichaltrige Taki Tachibana ist durch und durch Großstadtjunge. Er jobbt neben der Schule in einem noblen italienischen Restaurant, schwärmt für seine ältere Chefin und hängt häufig mit seinen Kollegen in diversen gastronomischen Etablissements ab.

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ANGENEHM UNPATHETISCHE BODY-SWITCH KOMÖDIE

Alles nimmt eine Wendung, als beide in regelmäßigen Abständen die Körper tauschen. Was zunächst wie ein merkwürdiger Traum erscheint, wird zu einer routinierten Farce. Auf der anderen Seite kommen sich die beiden näher und lernen sich besser kennen, als es gewöhnliche Umstände jemals erlauben würden. Sie beginnen Anmerkungen zu ihren jeweiligen Tagesabläufen auf den Smartphones zu notieren und vermögen auf diese Weise ihre grundverschiedenen Lebensrealitäten besser zu koordinieren.  So weit, so süß. Your Name beginnt als leichtfüßige Körpertausch-Komödie, die in ihrer Unbeschwertheit einer ähnlichen Prämisse folgt wie familientaugliche US-Komödien á la Freaky Friday oder It’s a Boy Girls Thing. Und natürlich beinhaltet diese auch gängige stereotypische Begleiterscheinungen: Taki inspiziert natürlich nach anfänglichem Schreck die anatomischen Eigenschaften des Körpers, in den er geschlüpft ist – etwas, dass Mitsuha naturgemäß so gar nicht gefallen dürfte. Und in der Schule fällt die neue Mitsuha natürlich durch ihr wesentlich ruppigeres Verhalten auf, welches nicht ganz zu ihrem bisherigen zögerlichen Wesen passen will. Der neue Taki zeigt sich hingegen von einer deutlich sensibleren Seite – Eine Charakterveränderung, die prompt das romantische Interesse seiner Chefin Okudera aufweckt. Doch wie es manchmal eben so ist, entfalten sich aus anfänglicher Antipathie langsam zarte romantische Bande. Die in klassischen Rollen verhafteten Gender-Zuschreibungen sind natürlich nicht super subtil oder sonderlich innovativ gezeichnet, sorgen aber als Exposition für einen humorvollen Feel Good-Rahmen, welcher der späteren dramatischen Wendung den nötigen emotionalen Punch verleiht.

POSTLINEARE IDENTITÄTSSUCHE (VORSICHT SPOILER-WARNUNG)

Und just dieser Twist nimmt einen Schlenker jenseits die Grenzen einer linearen Chronologie der Ereignisse und offenbart in diesem Zuge ein wesentlich größeres und komplexeres Gesamtgefüge. Als die Verbindung zwischen den beiden Lovebirds nämlich abbricht und Taki sich auf die Suche nach dem Menschen macht, dessen Leben er zeitweise gelebt hat, muss er feststellen, dass ihre Zeitlinien asynchron ablaufen. Itimori wurde nämlich bereits drei Jahre zuvor bei einem Kometeneinschlag zerstört, hunderte Leben wurden dabei ausgelöscht. Die Romanze zwischen Taki und Mitsuha ist fortan nicht mehr an so triviale Dinge wie Zeit und Raum oder an Leben und Tod gebunden, durchaus aber an greifbare Erinnerungen voneinander. Die Geschichte verliert zwar zeitweise den Faden und stolpert dabei unbeholfen konfus auf der Stelle, schafft aber rechtzeitig den Sprung zurück und entfaltet tatsächlich eine angenehm unpathetisch wirkende emotionale Wucht.

Die Überwindung von vermeintlich unüberwindbaren (raum-zeitlichen wie romantischen) Distanzen, die scheinbare Vereinigung von ambivalenten Dingen wie kultureller und individueller Identität ist hier zentrales Motiv und im Übrigen etwas, dass sich in der einen oder anderen Form in allen Werken Shinkai’s, etwa in „5 Centimeters per Second“ oder „Die Reise nach Agartha“ wiederfindet. Der Schluss wirkt gar wie ein Alternativentwurf zu ersterem. Es geht um Seelenverwandtschaft, das Bedürfnis nach einer Liebe, die es vielleicht so in dieser Form nicht gibt. Es geht aber auch um den Brückenschlag zwischen unterschiedlichen Biografien, den Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Moderne, die Vereinbarkeit von Spiritualität mit unbedingtem Fortschrittsglaube – Pop und Tradition als Träger kultureller und persönlicher Selbstgewissheit. Es macht auch Sinn, dass die Akteure in Your Name noch Teenager sind. Denn gerade Junge Heranwachsende suchen in diesen Dingen oftmals sinnstiftendes und Orientierung verschaffendes Identifikationspotential. In diesem Sinne ist Your Name eine zutiefst japanische Coming of Age-Geschichte, die beiläufig solche Themen wie den demografischen Wandel im ruralen Japan oder den Umgang mit Naturkatastrophen aufgreift. Die geknüpften Bänder von Oma Miyamizu sind da eine wunderbar intime Metapher.

AUDIOVISUELL ATEMBERAUBEND

Audiovisuell ist Your Name schlicht atemberaubend. Makoto Shinkai gilt als potentieller Erbe des japanischen Autoren-Trickfilmthrones, den bislang Altmeister Hayao Miyazaki inne hatte und macht diesem Anspruch alle Ehre. Die fotorealistischen Hintergründe wirken ungemein frisch und strotzen nur so vor Details. Das Schimmern des Wassers, die gespiegelten Fensterfronten der Wolkenkratzer in Tokyo, die flackernden Lichter beim dörflichen Matsuri-Fest – Die Licht- und Schatteneffekte wirken ungemein plastisch. Gleiches gilt für die gegensätzliche Darstellung der urbanen, geschäftigen Metropole Tokyo in Relation zu den naturgeprägten Landschaften Itimori’s – Gräser, Farne plätschernde Bäche, dicht gefüllte Straßen, authentisch nachempfundene Jugendzimmer. Die Präsentation wirkt sehr geerdet und arbeitet gerade im Vergleich zu Miyazakis eher märchenhaftem Stil nicht besonders suggestiv. Das ist aber strenggenommen keine kritische Anmerkung. Denn mit seiner realistischen Bildsprache etabliert Shinkai eine unmittelbare Identifikationsfläche. Dazu passt, dass die Figuren ebenfalls realistischer und lebendiger agieren als in seinen Vorgängerwerken. Für den indiesken Soundtrack sorgt die japanische Rock-Combo Radwimps, die stellenweise zwar arg schwülstige Kost bieten, aber in den passenden emotionalen Momenten gleichermaßen mit einer wunderbar optimistischen Attitüde aufwarten. Zwar hätte ich mir score-technisch mehr Mut zum kantigen Experiment gewünscht, allerdings behält Your Name auf die Weise seinen luftigen Erzähltenor.

Fazit:

Your Name – Gestern, Heute und Für Immer ist ein Hoffnungsschimmer. Eine optimistische Coming of Age-Parabel, die als zentrale Message vorhält, dass es sich lohnt, Grenzen zu überwinden. Dass man voneinander lernen kann. Dass scheinbar gegensätzliche, in Opposition zueinander Dinge als zwei Seiten derselben Medaille zu betrachten sind. Der visuell ungemein prachtvolle Anime erzählt eine postlineare Liebesgeschichte, die sehr nah am japanischen Zeitgeist sein dürfte. Zugleich ist Your Name. auch ein Hoffnungsschimmer in dem Sinne, dass es ein Leben nach Ghibli gibt – Dass Shinkai in der Lage ist, diese großen Fußstapfen, die Hayao Miyazaki hinterlässt, langfristig füllen zu können. Auch Your Name. kommt nicht ganz ohne Schwächen aus: Es gibt die ein oder andere allzu schmalzige  Stelle, im Mittelteil schleichen sich durchaus einige Längen ein – und ja, es gibt einige konfuse Lücken in der Erzählung – Im Ganzen ist Your Name. innerhalb des Mediums Anime aber dennoch einer der vermutlich wichtigsten Beiträge der letzten Jahre und schlicht ungemein bezauberndes Kino.

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Handlung:

Mitsuha lebt gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester Yotsuha bei ihrer Großmutter in einer ländlichen Kleinstadt Japans. Insgeheim beklagt sie ihr abgeschiedenes Dasein in der Provinz und wünscht sich ein aufregendes Leben in der Großstadt. Taki würde sich freuen, so beschaulich aufzuwachsen, denn er wohnt in der Millionen-Metropole Tokio, verbringt viel Zeit mit seinen Freunden und jobbt neben der Schule in einem italienischen Restaurant. Eines Tages scheint Mitsuha einen Traum zu haben, in dem sie sich als Junge in Tokio wiederfindet. Parallel macht Taki eine ähnliche Erfahrung: Er findet sich als Mädchen in einer Kleinstadt in den Bergen wieder, wo er noch nie zuvor war. Doch wie kommt es zu dieser schicksalhaften Verstrickung und welches Geheimnis verbirgt sich wirklich hinter den Träumen der beiden Teenager?

Quelle:

Universum Anime

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