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Im Rahmen der Fan-Events, die KSM Anime Anfang Dezember in Berlin und Hamburg veranstaltet hat, hatten wir die Gelegenheit Mamoru Hosodas aktuelles Filmprojekt „BELLE“ als IMAX-Vorstellung auf der großen Leinwand zu sehen. In einem Ersteindruck möchten wir euch nun darüber berichten, was ihr von dem Streifen erwarten dürft.

Achtung: Es folgen Spoiler zum Filminhalt. Wir versuchen diese aber so zu gestalten, dass der Unterhaltungswert beim Schauen nicht darunter leidet.

Mamoru Hosodas „BELLE“ beginnt mit einem Paukenschlag, denn das erste, was man als Zuschauer zu sehen bekommt, ist ein Konzert des namensgebenden Hauptcharakters in der digitalen Welt U. Dabei befindet sich Belle auf einem schwebenden Wal voller Lautsprecher und begeistert die Menge der digitalen Avatare mit einem Song, der uns auch zwei Wochen nach der Kinovorstellung noch in Erinnerung geblieben ist. Und doch greift Regisseur Hosoda mit dieser Szene der Handlung nur ein wenig vor, um den Zuschauer direkt in den Bann des Films zu ziehen, denn kurz darauf blicken wir darauf zurück, wie Belle zu der digitalen musikalischen Faszination wurde, die sie in dieser ersten Einstellung bereits ist.

Die reale Person hinter dem Avatar Belle ist nämlich eigentlich die Schülerin Suzu, die in der realen Welt mit diversen Problemen zu kämpfen hat. Als sie noch ein kleines Kind war, hat Suzu bei einem tragischen Vorfall ihre Mutter verloren – ein Verlust, den sie bis heute noch nicht komplett verarbeitet zu haben scheint. Das wird schnell deutlich, denn obwohl sie Gesang über alles liebt, bringt sie keinen gesungenen Ton mehr über die Lippen. Auch gegenüber ihrem Vater gibt sie sich stets verschlossen. Und neben all dem gibt es da noch ihren Kindheitsfreund, für den sie eigentlich tiefere Gefühle hegt, was ihr aber nicht über die Lippen kommen würde, da es ihr klar an Selbstvertrauen und -akzeptanz mangelt.

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Eines Tages erfährt sie jedoch von der digitalen Welt U, in der bereits Milliarden Menschen aktiv sind und sie entschließt sich, selbst mit einem Avatar in diese Cyber-Welt einzutauchen. Diesem gibt sie den Namen Bell (später Belle) und in der digitalen Welt U wird sie dabei als wunderschöne junge Frau dargestellt, bei der von ihrem realen Aussehen nur die Sommersprossen wiederzuerkennen sind. Gleich bei ihren ersten Eindrücken von der Cyber-Welt fasziniert, fasst Suzu den Entschluss zu testen, ob sie in ihrer neuen digitalen Gestalt wieder singen kann. Das gelingt ihr auch, doch die Reaktionen der zufällig anwesenden anderen Avatare sind zunächst verhalten oder ablehnend, so dass sich Suzu beschämt wieder ausloggt.

Doch wie es in digitalen Welten halt so ist, gehen Informationen, die diese einmal erreichen, nicht so schnell wieder verloren. So kommt es, dass Suzus Gesang über Nacht dazu führt, dass Bell zu einem viralen Phänomen wird, denn schon kurz darauf hat sie mehrere hundert Millionen Follower. Daraufhin vertraut sie sich ihrer technisch versierten Schulfreundin an, die für sie große digitale Konzerte organisiert und sich beispielsweise auch um die Kleidungsdesigns von Belle kümmert. Mit großem Ruhm kommen auch große Einnahmen, doch auf Suzus Wunsch hin, fließt all das umgesetzte Geld ohne Ausnahme in gemeinnützige Zwecke.

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So kommt es, dass eines Tages plötzlich ein rekordverdächtiges Konzert von Belle in U bevorsteht, bei dem mehr als 200 Millionen digitale Zuschauer aus der ganzen Welt erwartet werden. Das Ganze findet in der Cyber-Welt in einer kugelrunden Arena statt, die zu allen Seiten hin geschlossen ist. Doch noch bevor das Konzert richtig starten kann, öffnet sich die Arena an der Seite und ein mysteriöser Avatar in Gestalt eines Drachen taucht auf, der von einer Gruppe gejagt wird, die sich selbst auferlegt hat, die Ordnung in der digitalen Welt zu wahren und sich dort als eine Art Polizei aufspielt. Der Drache hat zudem einige besondere Merkmale, denn auf seinem Rücken befinden sich Male, die an Prellungen und Blutergüsse erinnern.

Auch wenn die erste Begegnung zwischen Belle und dem Drachen unter diesen besonderen Umständen von statten geht und nur von kurzer Dauer ist, so ist Belle doch so von diesem Wesen fasziniert, dass sie mit Hilfe ihrer Freundin herauszufinden versucht, wer sich in der realen Welt hinter dem Drachen verbergen könnte. Zugleich versucht sie jedoch auch in der digitalen Welt herauszufinden, wo sich der Drache versteckt, der gerüchteweise eine Art Schloss in U als Rückzugsort nutzt. Von diesem Moment an nimmt die besondere Beziehung zwischen Belle und dem Drachen ihren Lauf.

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Kommt das alles ohne jede Schwäche daher? Nicht ganz, denn zumindest uns ging die Entwicklung von Belles Faszination für den Drachen sowie die besondere Beziehung der beiden etwas zu schnell von statten. An einigen Ecken wirkt es hier, als fehle die nötige Charakterentwicklung, was vielleicht auch dem Filmformat geschuldet ist, das natürlich in gewisser Weise zeitlich limitierend wirkt. Allerdings mag es auch sein, dass Hosoda absichtlich so vorgegangen ist, um zu verdeutlichen, dass die Beziehung zwischen Belle und dem Drachen auf diversen Ebenen nicht so einfach zu erklären ist und vielleicht eher schicksalhaft als von großer Entwicklung geprägt ist.

Doch wer oder was verbirgt sich wirklich hinter dem Drachen? Und wird Belle nicht nur ihm, sondern auch sich selbst helfen können und ihr Vergangenheitstrauma am Ende überwinden? All das möchten wir natürlich noch nicht vorwegnehmen. Schaut euch den Film doch am besten selbst an, sobald ihr die Gelegenheit dazu erhaltet.

Fazit

Mit „BELLE“ greift Mamoru Hosoda die bekannte Thematik des französischen Volksmärchens „Die Schöne und das Biest“ auf und verpasst dieser einen neuen Anstrich. Dass der Anime-Regisseur dabei zu den Größen seines Fachs zählt, merkt man schnell daran, dass er die Geschichte nicht nur im neuen, modernen Gewand präsentiert, sondern dem Ganzen auch seinen eigenen Stempel aufdrückt. Dabei ist es nun nicht mehr nur das „Biest“ sondern auch die „Schöne“, die mit dem Motiv der Dualität aufwartet. Auch die in der Ursprungsgeschichte romantische Liebesbeziehung, die die beiden miteinander verbindet, ist bei dem Drachen und Belle eine ganz anders geartete Verbindung, wenn auch bisweilen genauso tiefgehend. Dabei schreckt Hosoda nicht davor zurück diverse ernste Themen anzusprechen. Dazu zählen neben Traumabewältigung und Selbstakzeptanz beispielsweise auch häusliche Gewalt sowie die positiven und negativen Seiten der fortschreitenden Digitalisierung. Untypisch, aber keinesfalls abschreckend, ist dabei Hosodas Verwendung von computergenerierter Animation, die für die digitale Welt U sogar ausschließlich zum Einsatz kam. Wer sich davon vielleicht zunächst abschrecken lässt, der sollte dem Film aber dennoch eine Chance geben und sich eines Besseren belehren lassen, denn vor allem wenn man die Gestaltung der digitalen Welt U sowie die Konzerte von Belle oder auch die Kampfszenen des Drachen betrachtet, lässt sich festhalten: „BELLE“ ist ein audiovisuell opulentes und beeindruckendes Spektakel, das vor allem auf der großen Leinwand hervorragend zur Geltung kommt, dabei aber nie vergisst auch seine Geschichte zu erzählen!

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Wir freuen uns bereits auf den offiziellen deutschen Kinostart und die damit einhergehende deutsche Sprachfassung des Films, bei der auch die Songs in die deutsche Sprache überführt werden. Dabei möchten wir euch bei generellem Interesse an „BELLE“ ans Herz legen, den Streifen nach Möglichkeit im Kino zu schauen, denn der Film ist in Sachen Bild und Ton einfach für das Erlebnis auf der großen Leinwand gemacht, auch wenn das Ganze sicherlich später auch auf den heimischen Bildschirmen noch gut unterhalten wird.

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Steffen
Ich bin Steffen, seit 2016 Teil des AnimeNachrichten-Teams und nur wenig kürzer auch als Chefredakteur tätig. Aus diesem Grund habe ich meine Finger eigentlich in allen Themengebieten im Spiel, kümmere mich jedoch inbesondere um Anime, Manga, Light Novels, Interviews sowie um die Kommunikation mit unseren Partnern aus der Branche.
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