Wolltet ihr schon immer einmal ein eigenes Rollenspiel entwerfen, ganz nach euren Wünschen? Nun habt ihr die Möglichkeit dazu, denn am 11. September 2020 kommt der “RPG Maker MV” für Playstation 4 und Nintendo Switch in den Handel. Wir konnten ihn bereits im Vorfeld testen und wie uns das Erstellen eigener Abenteuer gefallen hat, erfahrt ihr im Review.
Viele Möglichkeiten – Fluch und Segen zugleich
Zu Beginn des Spiels gibt es ein kleines Tutorial, bei dem man die grundlegendsten Spielmechaniken kurz erklärt bekommt. Das sind wirklich nur die Basics, wie das Platzieren von Gegenständen, das Erstellen einfacher Events, das Verwalten der Datenbank und das Anpassen von Bewegungsmustern bei NPCs. Das Tutorial kann etwas ermüden, zumal die Ladezeiten zwischen dem Editor und dem Testmodus etwas lang ausfallen, insgesamt ist er jedoch hilfreich, wenn man sich das erste Mal an dem Spiel versucht.
Dass dieses Tutorial aber wirklich nur einige wenige wichtige Sachen zeigt, das merkt man schnell selbst, wenn man sich alleine in sein erstes Abenteuer stürzt und anfangs einige sehr elementare Dinge nicht versteht und selbst herausfinden muss, zum Beispiel, warum die Charaktere im Testmodus auf der Oberwelt durch Bäume laufen können, obwohl es eine Abgrenzung darstellen soll. Auch bekommt man viele Dinge nur selbst beim Herumprobieren heraus, wie das automatische Füllen großer Bereiche der Map oder das Kopieren mehrerer Gegenstände auf einmal. Es gibt eine Hilfeseite, auf der man Teile nachlesen kann, aber nach dem Tutorial war zumindest bei uns die Lust gering, noch mehr Theorie zu pauken.
Viel Arbeit, aber ein gutes Gefühl
Vergleicht man den RPG Maker MV mit dem Super Mario Maker, der ebenfalls für Nintendo Switch erhältlich ist, so merkt man schnell, dass es viel komplizierter und zeitraubender ist, Levels zu erstellen, als beim Klemper-Pendant. Man muss nämlich zwischen zwei wichtigen Ebenen der Maps unterscheiden. Einmal gibt es die Ebene, auf der man grafisch alles platziert. Dabei ist es wichtig, bei allen Dingen, sei es Gras, Sand, ein Baum oder eine Steinsäule, die Ebene festzulegen, auf der sie sich befinden. Denn davon hängt es ab, ob man den Baum beispielsweise als Hindernis einbaut, auf ihm herumlaufen kann oder hinter ihm entlang läuft. Dazu gibt es unterschiedliche Kachelsets, die eine Vielzahl von Elementen beinhalten. Am Anfang stehen einem etwa 30 vorgefertigte Kachelsets zur Verfügung, die den schnellen Einstieg ins Spiel ermöglichen, da sie thematisch schon so gestaltet sind, dass man wichtige Maps wie eine Oberwelt, Dörfer oder erste Dungeons damit erstellen kann. Für sehr individuelle Dungeons kann man aber auch eigene Kachelsets nach seinen Vorlieben selbst entwerfen, was jedoch einige Zeit in Anspruch nimmt. Als große Hilfe kann man auch bereits vorgefertigte Maps nutzen, die man dann individuell verändern kann, um schon einmal eine Grundlage zu haben.
Die zweite wichtige Ebene beim Editor ist die Eventebene, zu der man per Knopfdruck wechseln kann. Auf dieser Ebene muss man alle Interaktionen als Events erstellen, wie z.B. Gespräche mit NPCs, den Wechsel von Gebieten (wenn man beispielsweise in ein Haus geht und sich die Map dann ändert), Quests und viele weitere. Unheimlich wichtig ist dabei, dass man erlernt, wie man mit Schaltern und Variablen arbeitet, denn ohne diese Mechaniken ist es nicht möglich, ein Spiel vernünftig zu gestalten. Diese Features brauch man beispielsweise, damit absolvierte Events andere Ereignisse erst auslösen oder komplett beenden. Ein Beispiel: Man blockiert einen Weg mit einem Baum. Nun möchte man einstellen, dass man diesen Baum erst entfernen kann, wenn man zuvor eine Axt erhalten hat, die es erst am Ende eines Dungeons gibt. Das kann man mit Hilfe von Schaltern lösen, die sich beim Erhalten der Axt aktivieren, sodass man im Anschluss den Baum fällen kann, was vorher nicht möglich ist. Variablen sind etwas anders aufgebaut. Sie können zum Beispiel dazu dienen, dass man eine bestimmte Menge an Items gesammelt haben muss, damit man im Spiel weiterkommt. Anstatt für jedes Item einen Schalter einzurichten, kann man eine Variable erstellen und die Anzahl eingeben, sodass man z.B. weiter kommt, nachdem man fünf Edelsteine eingesammelt hat. Statt fünf Schaltern gibt es dann eine Variable dafür. Das ist als Laie zu Beginn alles sehr kompliziert und man wird einige Fehler machen, aber mit viel Herumprobieren und der Hilfe einiger Youtube-Videos kann man schnell Erfolge erzielen.
Die Datenbank – das Grundgerüst des Spiels
Ein entscheidenes Element im Spiel ist die Datenbank. Ohne sie würde das Spiel nicht funktionieren, denn dort erstellt man alle wichtigen Inhalte des Spiels und man verbringt einen nicht allzu kleinen Teil des Spiels in den Menüeinstellungen dort. Neben den spielbaren Charakteren und deren Charakterentwicklung, Skills, Waffen, Ausrüstung und Klasse, muss man dort alle Gegner erstellen und ihnen Werte zuweisen, den Titelbildschirm anpassen, die Kachelsets für die einzelnen Maps erstellen und bearbeiten und vieles mehr. Auch sind Kampftests gegen Gegner in der Datenbank möglich, sodass man ohne in den Testmodus des gesamten Spiels zu gehen, ausprobieren kann, wie stark man einen Gegner konfiguriert hat und ab welchem Level er zu besiegen ist. Das ist nützlich und spart einiges an Zeit. Hat man einmal etwas in der Datenbank erstellt, dann kann man jederzeit darauf zurückgreifen, was im späteren Verlauf des Spiels ebenfalls Zeit spart. Zu Beginn kann es aber eine lästige Notwendigkeit darstellen. Wenn man zum Beispiel einen neuen Gegner erstellen möchte, dann muss man sich einen Namen ausdenken und ein Bild (die vorgegeben sind, farblich jedoch verändert werden können) aussuchen. Dann gilt es Werte für unterschiedliche Parameter einzustellen, wie Angriff, Abwehr, Magie, Geschicklichkeit etc. Außerdem muss man angeben, welche Spezialattacken der Gegner können soll, wann er diese überhaupt anwendet und wieviel Gold, Erfahrungspunkte und welche Items bei einem Sieg erhalten werden. Sollte der Gegner bei einem Kampftest dann zu stark oder zu schwach sein für das Gebiet, wo er eingesetzt werden soll, heißt es also, die Werte wieder zu verändern und erneut zu kämpfen, bis es passt. Nach einiger Zeit hat man etwas Erfahrung, was es einem erleichtert, das einzuschätzen. Direkt zu Beginn ist es jedoch alles andere als leicht.
Steuerung
Auf der Switch lässt sich das Spiel über zwei Möglichkeiten steuern. Einmal mit Hilfe des Touchscreens und einmal mittels Controller. Wir haben uns für einen Mittelweg entschieden, da es am schnellsten geht, wenn man beides kombiniert. Für die Touchsteuerung empfiehlt es sich, wenn man einen Touchpen hat, der für die Switch geeignet ist. So steuern wir dann per Tastendruck durch die Menüs und blättern uns mit den Schultertasten durch die Untermenüs oder die einzelnen Tabs der Kachelsets, während wir das Platzieren auf der Map bevorzugt mit dem Touchpen durchführen. Am Anfang ist die Steuerung noch etwas holprig und man kommt oft durcheinander und landet in einem Menü, in dem man gar nicht landen wollte, aber mit der Zeit spielt es sich ein. Etwas umständlich ist das Erstellen von Texten. Auf dem PC geht das schnell mit der Tastatur, auf der Switch ist man allerdings auf die Steuerung mit Touchscreen oder Tasten angewiesen, was erheblich länger dauert.
Grafik
Die Grafik des RPG-Makers hat in etwa das Niveau der Konsolengeneration, zu der SNES und Sega Mega Drive gehörten. Das könnte einige Spieler stören, die großen Wert auf aktuelle High-End Grafik legen, diese Personen stellen aber nicht die Zielgruppe des Spiels dar. Durch die limitierte Grafik ist es möglich, auch auf Konsolen wie der Switch ein gutes Spielerlebnis zu ermöglichen und große Welten zu erschaffen, auch wenn trotz dieser reduzierten Grafik die Ladezeiten oft etwas lang erscheinen. Ist man mit Konsolen wie dem SNES aufgewachsen, begleitet einen zudem permanent ein angenehmes Gefühl der Nostalgie.
Ton und Musik
Die Musik des RPG Makers ist insgesamt gelungen. Man kann zwischen unterschiedlichen Soundtracks auswählen und sie passend zu den jeweiligen Maps integrieren. Sprachausgabe gibt es nicht und das stört bei dieser Art von Spiel auch nicht im Geringsten. Der Nostalgiefaktor ist bei der vorhandenen musikalischen Begleitung auf jeden Fall gegeben und erinnert an alte Zeiten.
Fazit
Der RPG Maker MV ist kein Spiel im klassischen Sinn, sondern ein Editor zum Erstellen von Rollenspielen, die man natürlich auch selbst spielen kann. Nach einem kleinen Tutorial wird man ins kalte Wasser geworfen und ist größtenteils auf sich alleine gestellt. Das kann am Anfang etwas überfordern, da viele Dinge als Laie nicht direkt so funktionieren, wie man es sich wünscht. Wenn man aber am Ball bleibt, eröffnen sich immer mehr Möglichkeiten und man kann ein Spiel so erschaffen, wie man es bezüglich der Story, den Landschaften und den Gegnern gerne hätte. Vieles ist also möglich.
Leider sind trotz solider Steuerung einige Dinge nicht so bequem zu erledigen, wie bei der PC Version. So brauch man beispielsweise viel Zeit, um Texte zu erstellen. Insgesamt ist der RPG Maker MV ein tolles Spiel, wenn man die Geduld hat, seine eigenen Vorstellungen in ein Rollenspiel zu integrieren. Dazu gehört aber der Wille, sich intensiv damit zu beschäftigen und einige neue Mechaniken zu verstehen. Wer diesen Willen hat, der kann viel Spaß haben und anderen Spielern seine eigenen Kreationen zur Verfügung stellen. Da man bei diesem Editor-Spiel schlecht Dinge, wie bspw. eine Handlung bewerten kann, haben wir auf die sonst übliche Wertungsbox verzichtet.
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