Picture by Shin Ishihara

AnimeNachrichten: Konnichi wa Himezawa, danke für das Interview. Deine Debüt Single „Wagamama LOVE“ ist am 31. Oktober 2015 erschienen und jetzt versucht Du die japanische Idolwelt zu erobern. Stell Dich doch erst mal vor, für unsere Leser, die Dich vielleicht nicht kennen sollten.

 

Himezawa: Hallo! Mein Name ist Sabrina, ich bin 20 Jahre alt und lebe in Tokio, Japan. Ursprünglich stamme ich aus einem kleinen Dorf in Bayern, wo ich auch 2009 damit angefangen habe zu cosplayen. In Deutschland habe ich an Wettbewerben wie der DCM und dem ECG teilgenommen und wurde 2012 im Koneko Magazin interviewt. Etwas später wurde ich dann nach London, England zu Conventionpanels und Gastauftritten eingeladen, und nachdem ich das hin-und-her fliegen leid war, bin ich 2013 dann nach London gezogen, wo ich Schauspiel studiert und als Schauspielerin, Model und Tänzerin gearbeitet habe. Neben meinen Auftritten auf englischen Conventions, die meist aus Odottemita, also Lip-Sync J-Pop Tänzen, bestanden trat ich auch im Londoner West End im Royal Opera House auf.
Vor über einem Jahr wurde ich bei einer Fashion Show auf der Londoner Hyper Japan von einer japanischen Modelagentur gescouted und zog kurz darauf nach Tokio. Dieses Jahr waren meine Fotos im KERA Magazin, Soup Magazin, und in Katalogen für Aymmy in the Batty Girls. Live konnte man mich auf Fashion Shows in Osaka und Tokio sehen, oder auch im japanischen Fernsehen des Morgenprogramms „Zoom in Saturday“ oder „You Ha Nanishi ni Nippon he?“. In Deutschland erschien vergangenen Februar auch mein erster Roman „Staubmädchen“, eine Fantasy / Krimigeschichte mit dem Fokus auf Exorzisten und Dämonen, der im Stil an japanische Light Novels anlehnt.
Nach gut einem Jahr stehen nun wieder Liveshows auf dem Plan, rechtzeitig zum release meiner Debütsingle „Wagamama LOVE“.
Für alle von euch, die nicht gerade in Japan unterwegs sind poste ich Updates via Social Media, und filme für meine beiden YouTube Kanäle, aber auch live über NicoNicoDouga (Livestream Service).

 

AN: Wie ist es eigentlich so in Tokyo zu leben, viele kennen es sicher nur aus Dokus und Videos, ist Akiba wirklich so Laut und Bunt wie man es immer hört und hast du vielleicht Tipps wo man Essen gehen sollte, wenn man in Tokyo ist?

 

Himezawa: Ich muss sagen, Akiba ist wesentlich „kleiner“ als es in den Medien dargestellt wird. Auf den Straßen findet eher weniger statt, obwohl aus so gut wie jedem Laden Musik dröhnt, richtig bunt wird es erst in den Läden, die Ladenfront wird dem meist nicht gerecht.
Wer einen großen Geldbeutel hat, dem empfehle ich die Themencafes, wie Maidcafes, Eulencafe und vielleicht auch ein Butlercafe. Die Meisten Tiercafes wie Katzencafes haben nicht wirklich viel im Angebot, meist nur Getränke und Snacks, und die sind auch eher ein Erlebniscafe.
Ich empfehle gerne etwas traditionellere Restaurants, die haben zwar meist keine Menüs mit Bildern (viel Glück beim bestellen!), und manchmal nicht einmal Zahlen wo der Preis sein sollte, aber wer wirklich auf der Suche nach gutem japanischen Essen ist, kommt da auf seine Kosten. Ich empfehle Tonkatsu, ähnlich dem deutschen Schnitzel, oder kaltes Soba (Weizennudeln) mit Tempura (fritiertes Allerlei).

 

AN: Dein Lied Wagamama LOVE dreht sich um das Thema Liebe und du hast den Text auch geschrieben. Dabei lässt dein Text aber viel Freiraum für Interpretation. Dabei geht es aber um das Gefühl der zügellosen Liebe, wenn ich den Titel richtig übersetzt habe. Denkst du Liebe ist immer noch ein wichtiges Thema in der Musik?

 

Himezawa: Bei Wagamama LOVE geht es eher weniger um „Liebe“ per se, obwohl ich glaube dass Songs über Liebe am besten zu verstehen sind. Viele Liebeslieder in den verschiedensten Sprachen handeln von Themen, die dem Zuhörer vertraut sind, und verkaufen sich darum recht gut. Wagamama LOVE hingegen kann auf viele verschiedene Arten interpretiert werden. Beim schreiben des Songs ging es mir weniger darum des Aspekt der „Liebe“ hervorzuheben, ich wollte mehr auf den Weg hinweisen, den man gehen muss um „geliebt zu werden“. Es gibt im ganzen drei Hauptaspekte in meinem Lied, repräsentiert durch die drei Abschnitte.
Die Inspiration zum ersten hat sehr wenig mit dem Thema „Liebe“ zu tun, es ging mir mehr darum auf ein Problem im modernen Japan aufmerksam zu machen: Die Suizidraten. Eigentlich geht es im gesamten Song darum, sein letzes Lebewohl zu sagen: „Wasurete yo, ME igai“ – „Vergiss mich auch“. Ein weiteres großes Thema, dass ich leider nur kurz anschneiden konnte, ist das Hikkikomori Phänomen, bei dem sich viele Jugendliche in Japan, die darunter leiden, zu Hause einschließen und sich vor der Gesellschaft zurückziehen. Sowohl die hohe Suizidrate in Japan als auch das Hikkikomoriphänomen lässt sich oft dadurch erklären, dass viele Jugendliche keinen Platz in der Gesellschaft sehen, oft einsam und in der Schule ausgegrenzt werden. Das sind Themen, die auch im Westen nicht selten vorkommen. Im Musikvideo gibt es eine Szene in der die Protagonistin aufsteht und ich zur wehr setzt, das wird dadurch verdeutlicht dass sie in sehr kurzer Zeit zu einem starken, älteren selbst heranwächst. Das dritte Thema ist der Kampf den die Protagonistin mit sich selbst führt, um herauszufinden wer sie wirklich ist. Sie versucht sich in der Model- und Gravurewelt, aber es führt nur dazu, dass sich ihre Klassenkameraden über sie lustig machen. Auch wenn sie viele Bewunderer hat, sie ist so in diesem Gefühl der Reue gefangen, dass sie die Liebesbriefe, die sie bekommt nicht öffnen kann. Die Szene in der sie vor dem Tod davonläuft kann dadurch interpretiert werden, dass sie vor ihrer eigenen Verantwortung davonläuft. Natürlich nimmt alles ein gutes Ende und auch wenn der vermeidliche Tod sie erwischt hat, so wacht sie am Ende als eine stärkere Version ihrer Selbst auf, wehrt sich, und findet die Kraft dazu die Briefe zu öffnen, und wird erwachsen.
In der Idolindustrie in Japan gibt es eine strenge Regel, die besagt man darf mit keinem Mann ausgehen. Ich hoffe mein Lied ist ein Weckruf an einige, da ich nicht so ganz in das Image des konventionellen Pop Idols passe, und es trotzdem so weit geschafft habe. Und wer weiss, vielleicht beginnt mit mir eine ganz neue Ära von Idols?

Picture by Shin Ishihara
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AN::Ja die No Dating Rule für Idols ist sehr Streng und auch immer ein heißes Thema, es gibt wohl kaum eine Band die die Regle bricht und wenn ist es ein Skandal wie bei ein paar Idols von AKB48. außer vielleicht BiS und die Nachfolger Band BiSH, welche aber auch sehr direkt sind und schon für Skandal sorgte, da sie sich sogar als Anti-Idols bezeichnen, scheinen nicht so eine Regel haben. Das bedeutet wirklich du gehörst zu einer neuen Ära von Idols. Wenn du jetzt als eine der neuen von einer neuen Generation von idols darstellst, was würdest du noch verändern wollen und welche Themen sollte man noch ansprechen und bekannt machen?

 

Himezawa: Ich habe erst neulich einen Artikel der Seite SPA!(HIER) entdeckt, auf der der Manager einer Idolgruppe erklärt, dass es gut sei dass ihre Sänger nie wirklich Freizeit haben. Er erklärt unter anderem, dass Skandale oft ausbleiben, wenn die Idols keine Freunde oder Beziehungen außerhalb der Gruppe haben und er schien in seinem Interview sehr überzeugt davon, Termine und Tagespläne in letzter Minute festzulegen, sei eine gute Idee. Es gibt vieles, das verbesserungswürdig ist, besonders die Rolle des Managers. Es gibt immer viele Gerüchte über Idols, die ihre Manager „daten“, und es sind meist die Medien, die alles aufbauschen obwohl meist nichts dahintersteckt. Es wäre natürlich hilfreicher für weibliche Idols weibliche Manager zu finden, aber davon gibt es wohl nicht viele.

 

AN:Rein musikalisch geht Dein Lied in die Richtung EDM und hat auch ein paar Breaks dabei. In der Idolwelt ist alles möglich, denkst du das du bei diesem Stil bleiben wirst oder kommt vielleicht auch mal Kawaii Metal?

 

Himezawa:Ich denke, ich bleibe bei meinem Stil. Elektro und Popmusik gehen sehr gut Hand in Hand mit der Geschichte in meinem Debütsong, vielleicht ist ja noch Zeit für eine Fortsetzung?!
Ich persönlich mag den Kawaii Metal Stil, auch wenn ich nicht so richtig die Stimme für Screamo habe, finde ich es schön, dass sich so viele verschiedene Untergenres für Idolmusik bilden!

 

AN: Wie schwer ist es als Deutsche in Japan fuß zu fassen, vor allem als Idol. Du gehörst zu den wenigen, die Vielleich mehr Aufmerksamkeit haben, bei der Idolgruppe The Margarines ist auch eine deutsche dabei. Doch Solo bist Du wohl die Einzige. Ist das vielleicht ein Bonus oder sind die japanischen Idol Fans skeptischer, weil Du aus einem fremden Land kommst?

 

Himezawa: Es gibt recht viele ausländische Idols, und ich selber wurde auch durch meine Freundin Beckii inspiriert, die mit 14 Jahren ihr Debüt in Japan feierte. Auch wenn es schon einige westliche Idols in Japan gibt, freue ich mich doch, dass ich so heraussteche, haha!
Im Grunde glaube ich, dass der „Exotische Faktor“ eine große Rolle spielt. Ein blondes Mädchen in einer Gruppe japanischer Mädchen sticht sehr heraus. Ich glaube das größte Problem ist für mich die Sprache. Weniger weil mein japanisch noch immer recht karg ist, aber mehr weil ich sehr direkt bin. Gefällt mir etwas sehr, drücke ich das auch aus! Japanische Idols sind da eher zurückhaltend und ich glaube dass das manchmal ein wenig verwirrend für meine Fans ist. Die meisten wurden aber wie gesagt genau deshalb auf mich aufmerksam weil ich so heraussteche. Manchmal wenn ich an einem ganz normalen Tag die Straße entlanglaufe grüßen mich Fremde mit „Eine Schönheit!“ oder „Eine echte Puppe!“, weil ich in mancher Hinsicht den japanischen Schönheitsidealen (helle haut, helle Augen- und Harrfarbe) entspreche.

 

AN: In Deinem Musikvideo zu Wagamama LOVE zeigst Du Dich in verschiedenen Outfits, von der Lolita über Schulmädchen bis hin zur Gravure Idol. Denkst Du die Welt des Idols, ist reizvoller, durch das Cosplay und auch Model Aufträge, als die Welt eines Normalen Popstars?

 

Himezawa: In der Idolwelt gibt es definitiv mehr Auswahl, jede Gruppe hat ein anderes Thema, ein anderes Image und je schriller und außergewöhnlicher sie ist, deso mehr Erfold hat die Gruppe. Zum Beispiel Tsuribit hat ein Roboterthema, Muzubism zeigt sich im Kimono und Houkago Princess hat ein Prinzessinnenimage.
Mir war es nur wichtig zu zeigen, welche Aspekte es zu meinem Charakter gibt, ich wollte nur nicht eine von vielen in der beliebten Schuluniform sein.

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AN:Da Du ja auch Cosplay machst und auch immer wieder Animefiguren darstellst, wie Hestia aus Dungeon ni Deai o Motomeru no wa Machigatteiru Darō ka (is it wrong to pick up a girl in a Dungeon). Hast Du Zeit als Idol Dir auch Animes anzuschauen und dann zu überlegen, was Du als Cosplay machen könntest?

 

Himezawa: Leider hatte ich immer weniger Zeit neue, große Cosplays zu planen, wie ich sie in Deutschland gemacht hatte. Es ist schwer, alles in der überfllten U-Bahn zum Conventioncenter zu fahren und es ist noch viel schwerer alle Materialien zusammenzusuchen. Ich habe in Japan keine Nähmaschine, also trage ich momentan nur, was ich schon habe oder kaufe, was sich lohnt. Ich würde mich freuen mir mal einen Monat Zeit nehmen zu können und ein neues Kostüm zu nähen, aber so viel Zeit hatte ich auch vor meinem Debüt nicht.
Anime sehe ich mir trotzdem an. Weniger im TV, weil die meisten Animes nur am Wochenende (Arbeitszeit) oder Spät Nachts (ab Mitternacht) laufen, also leihe ich mir DVDs im Videoverleih. Die haben allerdings auch keine Untertitel. Ich musste eine Menge Opfern, haha.

 

AN:Hast du einen Lieblings Anime und welche haben dir in letzter Zeit besonders gut gefallen?

 

Himezawa:Sehr gut gefallen hat mir Fate: Ultimate Bladeworks. Ich habe mir zuvor noch keinen Anime in der Reihe angesehen und in der Mitte angefangen (was da hieß: so gut wie nichts verstanden), aber trotzdem einen großen Gefallen an der Fate Reihe gefunden. Momentan sehe ich mir jede Woche eine Folge der zweiten Staffel von Haikyuu!! an, was mich überrascht hat, da Sport Anime eigentich nicht so mein Ding sind. Und dann ist da noch Love Live, einem Anime an dem man in Japan nicht vorbeikommt, da die Merchandise Reihe für die Serie zu groß ist um sie zu übersehen!
Zwei große Favoriten für die ich mir in den letzten Monaten Zeit genommen habe sind schon etwas älter, und das sind InuXBoku SS und Kuroshitsuji. Besonders die dritte Staffel (chronologisch zweite) Kuroshitsuji war sehr gut in Animation und Musik!

 

AN: Fate/Stay: Unlimtied Blade Works war auch mein erster Anime der ganze Reihe, kann dich da gut verstehen und danke das es keine Anspielung auf Sebasuchan (Sebastian) kam bei Kuroshitsuji :). Erinnerst du dich noch wie du zu dem Thema gekommen bist, hast du damals in Deutschland die Animes auf RTL 2 geschaut?

 

Himezawa: Ich habe mir schon seit ich klein war immer gerne Anime angesehen, ich glaube das fing mit Pokemon und Doremi an. Später kam ich dann zu Jeanne (Kamikaze Kaitou Jeanne, Arina Tanemura), und fing an mir die Mangas dazu zu kaufen.

 

AN: Hast du Vorbilder?

 

Himezawa: Definitiv! Am meisten würde ich sagen sehe ich zu Beckii (Beckii Cruel) auf, seit ihrer BBC Dokumentation über ihre Karriere in Japan habe ich mir große Hoffnungen gemacht es als Deutsche selbst nach Japan zu schaffen. Inzwischen sind wir gute Freunde, was ich auch nicht gedacht hätte, wie oft sieht man schon jemandem in TV und befreundet sich dann?!
Aus der Idol- und Musikwelt würde ich sagen Mayuyu (Mayu Watanabe, AKB48), die ursprünglich ihr Vorsprechen für AKB nicht bestanden hat, doch es trotzdem im voting als „Queen“ / Nummer 1 im vergangenen Jahr geschafft hat. Ihre Geschichte als Mitglied von AKB48 war sehr inspirierend.

 

AN: Mayuyu war auch eins der ersten Idols was zugegeben hat ein Otaku zu sein, ein Wort was in Japan lange Menschen verpöhnt hat und in der Idolwelt war es lange ein Tabuthema das die Mädels Anime/Manga mögen. Da haben wir auch wieder die neue Ära in der Idolwelt, denkst du es wird noch mehr Veränderungen geben, durch Gruppen wie Babymetal, LadyBaby, BiSH oder Kamen Joshi (Alice Project)? Die ersten zwei sind ja auch International sehr erfolgreich.

 

Himezawa:Ich glaube, je skuriller die Veränderung und je größer der Unterschied zur Norm, desto größer der Erfolg. Ich kenne kaum jemanden, der noch nie von Babymetal oder BiS gehört hat. Ich finde es schön, wie viele verschiedene Gruppen ihren eigenen Stil finden und aus der Masse herausstechen, davon könnte sich die westliche Musikszene eine Scheibe abschneiden.

 

Wir bedanken uns bei Himezawa für das Interview.

 

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BastiTheEnd
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