Gleich nach dem Vorgänger Tales of Zesteria begann der Publisher Bandai Namco an den Arbeiten an dem Nachfolger Tales of Berseria. Schafft es der neue Ableger der Tales-of-Reihe sich im Ring der JRPG zu behaupten?
Darum geht es…
In einem kleinen Küstenstädtchen sitzend, debatieren die Spielefiguren über Schokoladengelee in jeder Toilette im heiligen Midgand-Reich. Einer von ihnen, der goße Choconito Gambit, nennt das ein zu großes Vergnügen und besteht darauf, daß er mit dieser Regelung nicht reich werde. Alle lachen.
Eine halbe Stunde später befindet sich die Party in einem alten Tempel und beobachtet hilflos ein hungerndes Dämonenkind, halb Kind, halb Baum, wie es seine Mutter lebendig verspeist. Und so ist der ganze Titel Tales of Berseria: in einer Minute genießt man das lustige Gerede der Leute und in der nächsten wird man in die verdrehte Geschichte um Tod, Rache und Drachengöttern zurück geworfen. Dies ist der Versuch, die Tales-Reihe, als solides, aber vorhersehbares RPG wieder zu etablieren – und das gelingt, großteils.
Man spielt als Velvet, einer jungen Frau, die sich mit ihrem Bruder, Laphicet, unter der Oberhut von Artorius, einem Dämonenkämpfer, befand, der das Paar während der sogenannten Scharlachnacht rettete, in deren Verlauf, alle Bewohner ihres Dorfes in Dämonen verwandelt wurden, Bei diesem Ereignis tötet Artorius aber Laphicet, als Opfergabe,und erschafft somit humanoide Geisterwesen, Malaks genannt. Velvet hat nun den starken Wunsch nach Rache, welche den Hauptplot der Geschichte bildet. Un das ist wirklich Rache um jeden Preis: Velvet , und die Party, die sie zusammenstellt, haben oft konkurrierende Pläne und sind bereit, die Grenze dessen zu überschreiten, was normalerweise gerechtfertigt ist. Sie sind alle eher Anti-Helden, als richtige, und reisen durch Midgand, meist in einem Piratenschiff, und hinterlassen eine Spur der Zerstörung. So wird schonmal ein alter Hohepriester in einer friedlichen Hafenstadt ermordet und man hinterläßt in der Regel ein Chaos für die Menschen in dem Land. Es ist aber eine erfrischende Neuerung, raus dem Schema Gut-gegen-Böse-Schlachten der meisten herkömmlichen Rollenspielen und man kommt in moralische Konflikte innerhalb der doch linearen Geschichte.
Innerhalb der Spielzeit von ca. 55 Stunden entwickelt sich der Handlungsstrang ohne wirklich spektakulär zu sein oder zu werden – es sind mehr die Charaktere, die einen dazu bringen, weiter zu spielen. Es gibt insgesamt sechs, die man spielen kann, sobald die volle Besatzung zusammen getrommelt ist. Man sieht aber immer nur eine über die Weltkarte laufen und die anderen kommen erst im Kampf ins Spiel. Richtig schön wird es dann in den Cut-Szenen, die in dem bekannten Comic-Buch-Stil gehalten sind, die die Serie bekannt gemacht haben. Manche davon sind wahrlich bizarr: So kommen sich Eizen, ein verfluchter Pirat, und Rokurou, ein Samurai, in die Haare und es kommt fast zu einer Schlägerei, bei der Frage, ob ein Hirsch- oder ein Nashornkäfer im Kampf gewinnen würde. Später präsentiert Bienfu, der kleinste der Malaks, der sich an die verspielte Hexe Magliou anheftet, seine Buchkollertion Laphicet, einem jungen Malak, den Velvet unter ihre Fittiche genommen hat und ihn nach ihrem verstorbenen Bruder benannt hat. Verwirrend, verrückt, aber auch sehr köstlich in dem kruden Humor.Genau diese Unberechenbarkeit und der Witz ist der Grund, daß man die häufigen Pop-Ups für optionale Dialoge nicht wegdrücken sollte und man sich die Zwischensequenzen wirklich zu Gemüte führen muss. Die Charaktere sind mehr als nur schrullig und haben klar erkennbare Motive, die sie häufig in Konflikte mit anderen Partymitgliedern stürtzen und ihnen damit ein Gefühl der Tiefe verleiehen. Die Scriptschreiber nutzten alle Ressourcen, die sie hatte, um alle Miglieder der Party zu erforschen.
Tales of Berseria ist aber nicht nur Gerede, da es viel zu entdecken gibt. So kann man z. B. Mini-Spiele machen, um neue Outfits zu entsperren, oder sammelt Orbs, die man magischen Katzen (!!!!) im Austausch für Gegenstände gibt. Auch kann man dem Piratenschiff den Befehl geben, auf der ganzen Welt Jagd nach Schätzen und neuen Lebensmittel-Rezepten zu gehen, die im Kampf helfen können.
Apropos, Kämpfen…
Die Kämpfe laufen in Echtzeit ab, in dem man in einen Feind, den man auf der Welt begegnet hineinläuft. Der Titel führt einen schrittweise durch die Kompläxität des Kampfes, was sehr gut ist, da man das grundlegende System erst einmal meistern kann, bevor ein anderes eingeführt wird. Der Kampf basiert auf Seelen: Man hat eine Seelenanzeige, die im wesentlichen eine Ausdaueranzeige ist, die sich verringert, wenn man angreift. Man kann die Anzahl der Seelen steigern, indem man im richtigen Moment ausweicht und sie dann in mächtigen Angriffen einsezten. So lernt man schnell aus den mehr als 50 verschiedenen Möglichkeiten, Combos und für die Situation geeignete Charktere einzusetzen. Man kann jederzeit die vier Kombatanten, die sich auf dem Schlachtfeld befinden, kontrollieren. Während es frustrierend sein kann, mit wenig Seelen darauf zu hoffen, die Chance auf einen großen Combo zu erhalten, ist das Erlernen der Feinheiten des Systems sehr wichtig. So hat jeder Charakter eine schnell wachsende Move-Liste, die einen bald die Übersicht verlieren lässt, was aber auch zu der Schaffung eines überraschend komplexen Systems führt. So sollte man auch auf dem Standard-Schwierikeitsgrad gut überleben können.
Die Vielfalt der Gegner ist schier unüberschaubar: von riesigen Kranken, bis hin zu gepanzerteten Wachen ist alles erdenkliche dabei.
Und trotz der sehr guten Animationen und hoher Anzahl von Assets gibt es kaum Performance-Probleme.
Jetzt aber zum Gameplay…
Die Story ist solide, die Kämpfe sind gut, aber dazwischen wird es problematisch. Meist geht es nur darum, zu einem bestimmten Ort zu reisen, Städte, Dörfer, Tempel oder Straßen, eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen, meist das Töten einer bestimmten Person oder eines Dämons. Hier ist auch ein großer Kontrast zu merken, denn wenn man in wackeligen Strandstädten, oder großen Kathedralen zum Erkunden eingeladen wird ist das sehr schön, aber zwischen den Siedlungen bröckelt das alles etwas.
Es gibt unzählig fade, flache Grasebenen, düstere Wälder und langweilige Dungeouns. Die Karten sind linear und beschränkt aufgebaut, so daß sinnvolles Erforschen, durch schödes von Tür zur Tür gehen ersetzt wird, bis man gefunden hat, was man sucht, oder durch eine marode Wand tritt, um eine neue Passage zu öffnen. Da hilft es auch nicht, daß man, insbesondere in der zweiten Hälfte des Spiels, immer wieder zu Gegenden zurück kehren muss, die man schon besucht hat, wie das graue Innerer des Gefängnisses, in dem man am Anfang des Spiels mit Velvet war. Da es beim ersten mal nicht besonders interresant da drin war, wird es beim zweiten Besuch auch nicht viel besser.
Es stellt sich auch die Frage, ob die Entwickler am Anfang das Schlimmste für die ersten zwei Stunden herausgesucht haben um die schlampige Schreibe, die schlechten Stimmen und die eindimensionalen Charaktere erst später zu verbessern. Dies ist ja verzeihlich, für eine 50-Stunden-Erfahrung, oder wenn man ein langjähriger Fan der Serie ist, muss aber in Zeiten von Final Fantasy XV nicht sein. Denn wennn man darüber nicht hinwegschaut, wird man die erste Zeit innerhalb des Titels ziemlich enttäuscht sein. Aber auch dann braucht das Spiel nochmal ca. 10 Stunden, um richtig in Fahrt zu kommen. So werden sicher einige Spieler diese Hürde nicht nehmen wollen und sich nicht mit den Inter-Charakter-Konflikten auseinander setzten wollen. Schade.
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